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Zwischen Tradition und modernen Konzepten

Das Spielwarengeschäft Roskothen gibt es seit 140 Jahren. 2013 sah es nach dem Ende aus. Doch besonders die Brettspieler sorgten dafür, dass der Laden eine Zukunft hat.

Jan Kraan steigt die Treppe im Spielwarengeschäft Roskothen hinauf. Im Obergeschoss steuert er schnurstracks die Regale an und blickt auf eine Front mit bunten Kartons. Auf der Suche nach einem neuen Gesellschaftsspiel wirkt er wie ein Kind im Süßwarenladen, das sich nicht entscheiden kann. Die Auswahl ist mit rund 4.500 Artikeln riesengroß. Jan Kraan greift zu einer kleinen Box, auf der zwei Astronauten abgebildet sind. Er ist noch skeptisch, ob „The Crew“ das richtige Spiel für ihn ist.

Der Inhaber kennt seine Kunden

Doch schon naht Hilfe. Boris Roskothen hat seinen Stammkunden entdeckt. „Das Spiel wird dir gefallen“, sagt der Inhaber des Geschäfts. Er erläutert das Prinzip von „The Crew“. Die Spieler müssen gemeinsam Weltraum-Missionen erfüllen.

„Es geht darum, die richtigen Stiche zu holen, wobei die Kommunikation eingeschränkt ist“, erklärt Roskothen. Jan Kraan nickt. „Das ist was für mich“, sagt er. Seine Frau Simone hat auch noch etwas für die Sammlung gefunden. Sie geht mit dem Spiel „Fiese Freunde, fette Feten“ zur Kasse.

Boris Roskothen in seinem Spielzeugfachgeschäft.

Permanente Weiterbildung

„Zu uns kommen viele Spielefans, die sich beraten lassen wollen, oder einfach, um über neue Spiele zu quatschen“, sagt Boris Roskothen. Der Duisburger Geschäftsmann und seine Kollegen kennen die Vorlieben der Stammkunden. Mit Videos, durch Messebesuche oder auf Spieleabenden bilden sie sich weiter. „Es kommt natürlich auch mal vor, dass ich in einem Beratungsgespräch etwas dazulerne“, gibt der 54-Jährige zu. Sein Geschäft ist schon lange eine Anlaufstelle für die Spieleszene. Viele Duisburger kaufen ihre Brettspiele bei Roskothen. Die große Auswahl zieht aber auch Spieler aus Wesel oder sogar Köln an.

Umso größer war der Aufschrei, als Boris Roskothen 2013 laut darüber nachdachte, das Ladenlokal am Sonnenwall zu schließen. Damit wäre ein Familienunternehmen mit großer Tradition von der Bildfläche verschwunden. Boris Roskothens Ururgroßvater Heinrich machte sich 1879 selbstständig. Er verkaufte zunächst Korbwaren. Zum Ende des 19. Jahrhunderts erweiterte Heinrich Roskothen dann das Sortiment, bot nun auch Spielzeug an. Kurz darauf sollen auch die ersten Brettspiele über die Ladentheke gegangen sein. „Wir haben leider kein Archiv“, sagt Boris Roskothen. „Aber da in der Kaiserzeit auch Spiele wie ‚Mensch ärgere dich nicht‘ auf den Markt kamen, vermuten wir mal, dass sie auch hier verkauft worden sind.“

Roskothen hat 4.500 Artikel rund ums Gesellschaftsspiel im Sortiment.

Schließen? Auf keinen Fall!

Das Geschäft der Roskothens lief fortan gut. Doch vor wenigen Jahren schlug die fünfte Generation Alarm. Die Online-Käufer bereiteten Boris Roskothen Probleme. „Zudem gab und gibt es die Konkurrenz durch die Discounter“, sagt der Duisburger.

Trotz der vermeintlich schlechten Perspektive verwarf er seine Schließungspläne. „Besonders die jungen Leute haben uns durch ihre Einkäufe gerettet“, sagt Boris Roskothen. 2019 gab es deshalb eine Jubiläumsfeier: 140 Jahre Roskothen.

Nicht jeden Trend mitmachen

Der Chef feilte nach der Rettung weiter am Konzept, veränderte das Sortiment. Verzichtete sein Vater Klaus Roskothen bereits auf Barbie-Puppen, so trennte sich der Sohn von den Playmobil-Figuren.

„Man braucht Abwechslung. Man will ja auch nicht immer das gleiche Gericht als Mittagessen.“

Boris Roskothen
Immer im Dialog: Boris Roskothen (r.) weiß, was seine Stammkunden gerne spielen.

Dafür erweiterte Boris Roskothen das Brettspiele-Angebot. „Dieser Bereich macht mehr als ein Drittel unseres Umsatzes aus“, sagt er. Aber auch im Spielebereich macht Roskothen nicht alles mit. Wer nach Sammelkarten zu den Spielen „Magic“ oder „Pokémon“ fragt, den schickt der Duisburger 200 Meter weiter zu einem Kollegen.

Abwechslung erforderlich

Zudem weiß Roskothen, dass es im Einzelhandel nicht nur um Verkauf und Beratung geht. „Man braucht Abwechslung. Man will ja auch nicht immer das gleiche Gericht als Mittagessen“, sagt er. Abwechslung schafft Roskothen mit Veranstaltungen. Schon seit vielen Jahren organisiert er Spieleabende. An ausgewählten Donnerstagen trifft er sich mit Gleichgesinnten in der Neudorfer Lounge-Bar „Baba su“. Außerdem veranstaltet Roskothen am Sonnenwall Workshops, bei denen die Teilnehmer ihre Spielfiguren bemalen. Auch Turniere stehen bei ihm im Programm.

Großes Ziel: 150 Jahre

Einen besonderen Gast konnte Roskothen im vergangenen Oktober begrüßen. Da stellte der Verlag Kosmos das FantasySpiel „Die Befreiung der Rietburg“ exklusiv in Duisburg vor. Der Illustrator Michael Menzel stand Rede und Antwort. „Zu dieser Veranstaltung sind Fans von weit her angereist. Wir hatten an dem Tag sogar einen Freiburger hier, der das Spiel unbedingt mal testen wollte“, erzählt Boris Roskothen. Die Spielefans können dem Inhaber dabei helfen, dass dieser sein großes Ziel erreicht: 2029 möchte Boris Roskothen mit seinem Team und den Besuchern feiern – 150 Jahre eines Traditionsgeschäfts.

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