Luxuriöses Leben im Loft
Die Möbelpacker schauten verdutzt. „Warum ziehen Sie denn vom Erdgeschoss in den dritten Stock?“, fragte einer der kräftigen Kerle. Sabine Schuck antwortete zunächst nicht. Sie führte die Männer von der Umzugsfirma die Treppen hinauf, öffnete die Tür zur neuen Wohnung und blickte danach in erstaunte Gesichter. „Einer hat sofort gesagt: ‚Jetzt weiß, ich warum Sie in den dritten Stock ziehen‘“, erzählt Sabine Schuck.
160 Quadratmeter Wohnfläche, zwei Ebenen, Kamin, weißgerahmte Sprossenfenster, Badezimmer auf jeder Etage und ein Wintergarten im Obergeschoss – das waren Argumente, den Mietvertrag zu unterschreiben. „So eine Wohnung kennt man sonst nur aus Kinofilmen“, sagt Sabine Schuck. Was ihr und ihrem Lebensgefährten Sven Wolsbeck zusätzlich gefiel: Sie konnten im Bauhaus-Karree wohnen bleiben. So heißt das Gebäude-Ensemble im Stadtteil Hamborn, in dem die beiden seit 2008 leben – erst auf 70 Quadratmetern im Erdgeschoss, nun in der mehr als doppelt so großen Loftwohnung.
Der Kölner Architekt Emil Rudolf Mewes entwarf das Karree Ende der 1920er Jahre und ließ seine Pläne dann auch umsetzen. In der Weimarer Republik kam der Bauhausstil groß in Mode. Rote Klinkersteine, grüne Türen mit Gittermuster, haushohe Fensterbänder – all diese Merkmale der Epoche prägten fortan auch das Straßenbild in Hamborn. Die 30 Häuser des Karrees überstanden später den Zweiten Weltkrieg, die Ecke Kantstraße/ Kampstraße blieb von Bomben verschont.
Rund 75 Jahre nach dem Spatenstich war es dann Zeit für eine Modernisierung des Bauhaus-Karrees. Die Immobiliengesellschaft THS – mittlerweile aufgegangen in das Unternehmen Vivawest – investierte rund zwölf Millionen Euro in die denkmalgeschützte Siedlung. Der Umbau führte zu einer Reduzierung der Wohnungen. Aus 162 wurden 127 Einheiten zwischen 65 und 120 Quadratmetern Größe. „Zusätzlich stehen zwei luxuriöse Loftwohnungen von bis zu 160 Quadratmetern zur Verfügung“, schreibt Vivawest auf seiner Internetseite. >> Und in einer der beiden leben Sabine Schuck und Sven Wolsbeck. „Eigentlich waren wir auf der Suche nach einem Reihenhaus im Grünen“, sagt die Mieterin. „Aber als wir erfahren haben, dass die Loftwohnung frei wird, haben wir die Pläne noch mal geändert und uns beworben.“ Mit Erfolg. Seit April 2017 stehen Ledercouch, Flachbildfernseher und der weißlackierte Esstisch statt in der kleinen Erdgeschosswohnung nun im großen Loft in der dritten Etage. Das erste Weihnachtsfest nach dem Umzug feierte das Paar mit vielen Freunden in Hamborn. Die Besucher forderten einen Rundgang durch die Wohnung. Sabine Schuck und Sven Wolsbeck zeigten ihren Gästen erst die neue Küche, dann ging es über die Treppe mit weißem Lamellengeländer ins Obergeschoss. Dort ließen die Gäste von der offenen Galerie aus ihren Blick schweifen in den fünf Meter hohen Raum. Die Führung endete im Wintergarten. Der Clou: Das Dach öffnet sich per Knopfdruck. „Das ist so ähnlich wie bei der Arena auf Schalke“, sagt Sabine Schuck, die es wie ihr Lebensgefährte im Fußball-Westen aber natürlich mit dem MSV Duisburg hält.
Der Wintergarten ist bei weitem nicht der einzige Grund, warum Besucher ins Schwärmen geraten. „Die Leute sind von der Wohnung fasziniert, weil sie die in dieser Ecke gar nicht erwarten“, sagt Sven Wolsbeck. Der gebürtige Meidericher kennt die Klischees über den Duisburger Norden. Als grau, trist und schmuddelig werden Stadtteile wie Hamborn oft beschrieben. „Ich kann das aber nicht teilen“, betont Sabine Schuck. „Wir sind mit dem Fahrrad schnell im Grünen.“ Sie lebt gerne in Duisburg, obwohl ihre Heimat ganz woanders liegt. „Ich bin gebürtige Hamburgerin“, sagt Sabine Schuck. „Eigentlich wollte ich nur für zwei Jahre irgendwo anders wohnen. Mittlerweile sind es zwanzig Jahre geworden.“
Das Paar pendelt beinahe täglich nach Düsseldorf – sie arbeitet in der Landeshauptstadt im Consulting, er am Flughafen. Ein Umzug stand für die beiden aber nie zur Debatte. „Wir fühlen uns in Duisburg einfach wohl“, sagt Sven Wolsbeck. Das heißt aber nicht, dass sie jeden Tag an der Ruhr entlangspazieren, im Landschaftspark bummeln oder über den Dellplatz flanieren: Sabine Schuck und Sven Wolsbeck reisen viel, erkunden dabei besonders gerne die Landschaften in den USA. Ein großes Poster, das das Paar am Grand Canyon zeigt, hat zu Hause seinen Ehrenplatz.
Weitere Trips in die Vereinigten Staaten und andere Länder haben die beiden übrigens schon geplant. „Reisen ist unser großes Hobby“, sagt Sabine Schuck. Was sie und ihr Lebensgefährte auch mögen, ist die Ankunft in Hamborn nach einem längeren Auslandsaufenthalt. Wenn Sabine Schuck und Sven Wolsbeck die Stufen zum dritten Stock hinauflaufen, danach die Tür aufschließen und schließlich in den großen Loft blicken, erkennen sie wieder, dass sie mit dem Umzug die richtige Entscheidung getroffen haben.