Und Action …
Wenn das so weitergeht, braucht Randy bald Autogrammkarten. Der vier Jahre alte Golden Retriever ist nämlich auf dem besten Weg, ein richtiger Fernsehstar zu werden. Zuletzt war er bei der Sat1-Serie „Die Ruhrpottwache“ zu sehen. Und immer mehr TV-Produzenten wollen mit dem Hund drehen. Randy und die anderen Vierbeiner des 1. Polizeihundsportverein DuisburgBeeck (PHV) sind schon lange gefragte Darsteller bei Film und TV.
Randy kann es kaum erwarten
Heute wird nicht gedreht, sondern nur trainiert. Schließlich muss ein Hund gehorchen, wenn er vor der Kamera steht. Randy kann kaum erwarten, sein Können unter Beweis zu stellen. Mit wachen Augen verfolgt er jede Bewegung seiner Trainerin. Andrea Stanek (52) signalisiert dem Tier zunächst, dass es an ihrer Seite verharren soll, dann ruft sie einen Befehl: „Hopp!“, laut und deutlich. Sofort setzt sich der knapp 30 Kilogramm schwere Retriever in Bewegung, macht einen Satz nach vorn, klettert geschwind ein 1,60 Meter hohes Hindernis hinauf – und stoppt am höchsten Punkt der Hürde. „Randy“ balanciert nun auf engstem Raum, er ist hochkonzentriert, seine Muskeln sind gespannt. Dann folgt der nächste Befehl: „Bring’s!“ Randy hüpft die steile Rampe hinab. Stöbert, schnüffelt. Dann schnappt er mit dem Maul nach einem Tennisball und trägt ihn zufrieden zurück zu seiner Trainerin. „Prima“, lobt Andrea Stanek das Tier, „das hast du fein gemacht!“
50 Mitglieder hat der PHV. In den Reihen des Vereins finden sich derzeit etwa 25 Hunde. Viele von ihnen haben schon Erfahrung in der Filmwelt. Dass die Tiere immer wieder vor der Kamera stehen, liegt auch an Peter Honecker (57), dem Vorsitzenden des PHV. 2012 hatte seine damalige Frau eine Agentur gegründet, die Hunde an Filmfirmen vermittelt. Dog-Actors heißt sie. Im Portfolio sind fast nur große Rassen, darunter Boxer, Dobermänner, Schäferhunde, Rottweiler und ein Bluthund. „Unsere Hunde spielen in der Regel Polizei-, Zoll- oder Militärhunde“, sagt Honecker. „Dackel oder Chihuahuas gibt es bei uns daher nicht.“
Mit Ballauf und Schenk auf Verbrecherjagd
Im Kölner „Tatort“ waren die PHV-Hunde schon mit den TV-Ermittlern Max Ballauf (Klaus Behrendt) und Freddy Schenk (Diet - mar Bär) auf Verbrecherjagd, im Dortmun - der „Tatort“ standen sie Kommissar Peter Faber (Jörg Hartmann) zur Seite. Im ZDF waren sie etwa bei „Wilsberg“ zu sehen und bei der „Soko Köln“.
„Unsere Hunde spielen in der Regel Polizei-, Zoll- oder Militärhunde.“
Für RTL wirkten die Tiere in der Vergangenheit bei „Die Sitte“ mit, zuletzt bei der Serie „Sankt Maik“. Sat1-Zuschauer dürften die Duisburger Vierbeiner auch schon gesehen haben, etwa bei „Einstein“, „Auf Streife“ oder eben bei der „Ruhrpottwache”. Bei dieser Serie hatte im vergangenen Jahr allein Golden Retriever „Randy“ vier Auftritte: Er hat vor laufenden TV-Kameras schon einen vergifteten Hund gespielt, Retter zu einer bewusstlosen Frau gelotst und als Assistenzhund eine Rollstuhlfahrerin begleitet. „Randy ist sehr begabt“, sagt Hundetrainerin Andrea Stanek. „Wenn man ihm einmal etwas erklärt, verinnerlicht er es sofort.“ Besondere Erlebnisse für Hunde und Halter sind Dreharbeiten für Kinoproduktionen. „Da ist alles noch eine Nummer größer als beim Fernsehen“, sagt PHV-Chef Peter Honecker.
Die Hunde seines Vereins waren etwa dabei, als 2014 der Actionfilm „Collide“ produziert wurde. Großes Kino mit Hollywoodstars, gedreht in Deutschland. Nicholas Hoult, Anthony Hopkins und Ben Kingsley waren bei dem Projekt an Bord. „Das war für uns der schwierigste Dreh, den wir je hatten“, sagt Peter Honecker und beschreibt die Herausforderung: Hoult legte Wert darauf, alle Szenen selbst zu spielen, mit Stuntmen wollte er nicht arbeiten. Das Drehbuch sah vor, dass der Hauptdarsteller in einer rasanten Szene von wild bellenden PHVHunden bedroht wird. Eisenketten sollten für den nötigen Sicherheitsabstand zwischen Mensch und Tier sorgen. „So weit, so gut“, sagt Peter Honecker. „Ich dachte nur: Was passiert, wenn der jetzt stolpert und fällt... Da hab ich Blut und Wasser geschwitzt.“
Schon mit Schimanski gedreht
Wenn Peter Honecker nicht gerade mit Tieren arbeitet, steht er im Dienst der Polizei. Er arbeitet in Essen als Kriminalhauptkommissar. Seit mehr als 20 Jahren wirkt er jedoch in seiner Freizeit als Komparse und als Berater bei Filmproduktionen mit. Mit Götz George habe er schon bei „Schimanski“- Produktionen in Duisburg vor der Kamera gestanden, erzählt Honecker, spricht von Dreharbeiten mit Regisseur Tom Tykwer – und davon, dass er wegen seines Berufs immer wieder die Polizeirollen abbekommen hat.
Wird jedoch ein Tier für Dreharbeiten benötigt, ist es gar nicht so einfach, eines aufzutreiben. Denn wenn ein Haustier zum Filmstar werden soll, muss dies zunächst von den Behörden abgesegnet werden, so will es das Tierschutzgesetz. Also haben Peter Honecker und seine damalige Frau bei den Ämtern vorgesprochen, beim Tierarzt und bei der Versicherung. Erst als sie alle Unterlagen beisammenhatten, fiel der Startschuss für die Agentur Dog-Actors.
Im Gespräch mit den Produktionsfirmen macht Honecker stets die Spielregeln für seine Hunde klar: Kein Tier bleibt länger als sechs Stunden am Set, bei Außendreharbeiten muss für genügend Schattenplätze gesorgt sein, es müssen ständig Trinknäpfe mit frischem Wasser bereitstehen – und das letzte Wort hat immer der Hundeführer, nicht der Regisseur. „Wenn wir sagen ,Es reicht, der Hund hat jetzt genug‘, dann ist Schluss!“
Jeder Dreh, sagt Honecker, sei eine Herausforderung. Für Mensch und Tier. Am Filmset fahren Autos herum, bei manchen Aufnahmen wird geschossen. „Wir müssen unsere Hunde erst daran gewöhnen: ans Licht, an die vielen Menschen, die vor Ort sind, an die Geräusche.“
„Der ist halt ein echter Streber.“
Das gilt übrigens auch fürs Theater. Die Hunde von Dog-Actors haben schon erlebt, wie es sich anfühlt, mit den Pfoten auf den Brettern, die die Welt bedeuten, zu stehen. Im Musiktheater im Revier in Gelsenkirchen haben sie mitgespielt beim Musical „Der Zauberer von Oz“ und bei der Operette „Die Csárdásfürstin“. Im Konzertsaal gab es ein lautes Orchester, singende Schauspieler, grelle Scheinwerfer und applaudierendes Publikum. Da spürten selbst die Hunde so etwas wie Lampenfieber. „Auch, weil die Nervosität ihrer Besitzer auf sie übergeht“, erklärt Honecker. „Da hilft nur intensives Training.“
Und dafür sind die Bedingungen auf dem weitläufigen Vereinsgelände an der Friedrich-Ebert-Straße in Beeck ideal. Golden Retriever Randy ist bereits bei seiner nächsten Übung angekommen. Jetzt steht er vor der Herausforderung, einen Einbrecher aufzuspüren: Hans-Jürgen Stanek (51) hat sich in ein Versteck zurückgezogen und Randy soll ihn finden. Andrea Stanek gibt dem Hund das Startsignal, und das Tier macht sich auf die Suche. Es dauert nicht lang, dann ist Randy am Ziel. „Der ist halt ein echter Streber“, scherzt die Trainerin.
Erst ein Leckerchen…
Mit seinen großen Hundeaugen schaut Randy die Trainerin dann an, so als wollte er sagen, „Hey, du hast da noch was vergessen!“ Andrea Stanek versteht sofort, was von ihr verlangt wird, und fischt ein Leckerchen aus ihrer Tasche. Genau darauf hat der Hund gewartet. Blitzschnell schnappt er sich den Snack, kaut kurz darauf herum... Dann ist Randy bereit für die nächste Aufgabe. Bereit für den nächsten Auftritt vor den Kameras.
Es wird wirklich Zeit, dass er endlich seine Autogrammkarten bekommt.
Gegründet wurde der 1. Polizeihundsportverein Duisburg-Beeck e.V. im Jahr 1910. Heute sind keine echten Polizeihunde mehr im Verein, sondern private Gebrauchshunde.
Angeboten werden vom Verein vielfältige Möglichkeiten der Hundeausbildung – vom richtigen Laufen an der Leine über Fährtenarbeit und Gehorsam bis hin zum Schutzdienst. Eine Übersicht aller Angebote gibt es auf der Internetseite des Vereins.
Kontakt: 1. PHV Duisburg-Beeck e.V.
Friedrich-Ebert-Straße 229 b
47139 Duisburg
www.phv-beeck.de