Dieser Mann kennt immer eine Lösung
Der Arbeitstag beginnt. Wolfgang Flammersfeld dreht den Zündschlüssel. Der Motor seines blauen Transporters erwacht zum Leben, im Radio läuft WDR 4. „Ich mag den Handwerker- Sender“, sagt der 47-Jährige. Seine linke Hand hält das Lenkrad, die rechte Hand den Schaltknauf. Dann geht’s los. 20 Minuten durch Duisburg. Flammersfeld parkt vor einer viergeschossigen Wohnanlage. „Hier steigen wir aus“, sagt er. „Wir sind da.“
Handwerker durch und durch
Der Mann aus Alt-Homberg arbeitet als Hausmeister. Im Jahr 2010 hat er sich in der Branche selbstständig gemacht. Und auf der Visitenkarte, die Flammersfeld seinen Kunden in die Hand drückt, steht „Flammy – es gibt immer eine Lösung“. Geht im oder am Haus etwas kaputt, ist er zur Stelle. Falls nötig, auch mitten in der Nacht oder an Heiligabend. „Reparieren, Basteln – da hab ich immer schon ein Faible für gehabt“, sagt Flammersfeld. „Das Handwerken liegt mir im Blut.“
Im zweiten Stock öffnet sich ein Fenster. „Ah! Der Flammy ist da!“, ruft ein Mann. Flammersfeld sieht hinauf, grüßt – und schmunzelt. „Die kennen mich hier alle“, sagt er, „und alle haben immer etwas auf dem Herzen, das ,mal eben‘ erledigt werden müsste.“ Doch zunächst prüft Flammersfeld, ob an dem Haus alles in Ordnung ist. Er schaut, ob die Dachpfannen an Ort und Stelle sind, ob Unkraut wuchert, ob die Regenabläufe frei sind. Anschließend pickt er das Netz eines alten Vogelknödels aus dem Blumenbeet. „Soll ja alles ordentlich aussehen.“
Dann geht’s runter in den Keller. „Ich muss den Wasserfilter spülen“, sagt Flammersfeld. „Wenn man das nicht regelmäßig macht, setzt der sich zu.“ Besser als reparieren ist immer noch, zu verhindern, dass etwas überhaupt kaputtgeht. „Wir leben in einer Wegwerfgesellschaft. Da habe ich kein Verständnis für“, sagt der Duisburger. „Wenn etwas nicht mehr richtig funktioniert, landet es schnell im Müll – obwohl man vieles für ein paar Euro reparieren könnte.“ Dann öffnet er den Filter, Wasser rauscht in einen blauen Plastikeimer. „Fertig. Das war eine schnelle Nummer. Jetzt fahren wir zum nächsten Haus.“
„Ich steh jeden Morgen um halb sechs auf. Feierabend ist erst, wenn alles fertig ist.“
Flammersfeld ist ein Allrounder. Sei es nun ein kaputter Siphon unterm Waschbecken, eine gebrochene Fliese in der Küche, ein tropfender Wasserhahn oder eine gerissene Silikonfuge – „Flammy“ weiß, was zu tun ist. „Diese kleinen Reparaturen machen mir am meisten Spaß“, sagt er. „Ich liebe meine Arbeit. Und ich muss damit gar nicht reich werden. Ich will leben. Wenn ich dann noch am Ende des Monats was sparen kann, ist doch alles gut.“ Das richtige Werkzeug und Material hat Flammersfeld auch stets parat. In seinem Lager türmen sich Tapeten und Klebebandrollen, Farbeimer und Sprühdosen, Pinsel, Farbroller und Abdeckfolien. An den Wänden hängen Bohrmaschinen und Trennschleifer, Stichsägen und Drahtbürsten. Auf seiner Werkbank steht eine alte Schreibmaschine, die er momentan liebevoll restauriert. „Ich steh jeden Morgen um halb sechs auf. Feierabend ist erst, wenn alles fertig ist.“
Es werde Licht
Nächster Stopp. Flammersfeld klettert aus seinem Transporter und steht vor einem gepflegten Haus mit roter Klinkerfassade. Zielstrebig läuft er zum Garagenhof, ein Bewegungsmelder sei kaputt, das Licht funktioniere nicht mehr, hatte man ihm gesagt. Der 47-Jährige kontrolliert die Technik und, Überraschung, alles funktioniert einwandfrei. „So kann’s gehen.“
Flammersfeld arbeitet allein. Obwohl stets viel zu tun ist. Werbung machen muss er nicht, seine Kunden empfehlen ihn weiter. Neben seiner Hausmeistertätigkeit ist er auch noch als Immobilienverwalter tätig. „Ich hatte es mal mit Angestellten versucht. Aber das ist zu teuer, und die Leute sind oft zu unzuverlässig“, sagt er. „Mein Traum wäre ein geschickter Frührentner, der keine Angst hat, sich auch mal die Hände dreckig zu machen – aber finden Sie mal so jemanden!“
Mitarbeiter des Jahres
Jetzt parkt Flammersfeld vor einem Mehrfamilienhaus. Die Bewohner hatten im Winter den Außenwasserhahn nicht abgedreht. Das gefrorene Wasser hat die Rohre verbogen. „Das werde ich als Nächstes reparieren“, sagt er. Doch zunächst steht ein Besuch in der Versicherungsagentur im Erdgeschoss an. „Ah, Flammy, es ist immer wieder schön, dich zu sehen – es vergeht ja keine Woche, in der uns nichts einfällt, wobei du uns helfen kannst“, grüßt Niederlassungsleiter Michael Wegner. Dann zeigt er auf ein Whiteboard an der Wand. Darauf steht in großen Buchstaben: „Unser Mitarbeiter des Jahres: Flammy!“