Hauptsache Fußball
Maikel reißt die Arme hoch und schreit seine Freude heraus: „Tooor, Tooor.“ Dass dem ein oder anderen seiner Mannschaftskameraden der Jubel ein paar Dezibel zu laut ist, interessiert ihn nicht. Der Knirps hat gefallen am Torjubel gefunden und nimmt für seinen nächsten Versuch gleich 15 Meter mehr Anlauf. Fußball, das ist Maikels neue Leidenschaft. Der Rumelner TV ist sein sportliches Zuhause. Maikel spielt aber in keiner gewöhnlichen Jugendmannschaft, sondern im ganz neu gegründeten Team für Kinder mit geistigen und körperlichen Einschränkungen.
Den ersten eigenen Trikotsatz gab es jetzt auch für die kleinen Kicker. Die Stadtwerke Duisburg spendierten im Rahmen ihrer Trikotaktion 2017 einen Mannschaftssatz. Trainer der quirligen kleinen Gruppe ist Stephan Ketels. Der 51-jährige Friemersheimer ist selbst Vater eines sechs-jährigen Sohnes mit Handicap. „Trotzdem will ich ihm die Chance geben, das im Verein zu erleben, was ich als Kind und Jugendlicher erlebt habe. Gemeinschaft, Zusammenhalt, Respekt und riesigen Spaß am Fußball“, sagt Ketels. Er weiß genau, wovon er da spricht. Mehr als eine Dekade schnürte er die Fußballschuhe für den OSC Rheinhausen. Nur einmal zog es ihn kurz zum großen MSV auf die andere Rheinseite. „ich bin aber schnell wieder zum OSC zurück. Zu meinen Jungs, zu meinem Trainer Toni Bock. Dort habe ich mich wie zu Hause gefühlt.“ Und so wie er es einst bei Toni Bock lernte, will heute Stephan Ketels seine Mannschaft trainieren. Ohne Druck, ohne Zwang. Einfach nur mit Spaß am Fußball.
Anders würde er hier wohl auch gar nicht erfolgreich sein. Die kleine Anastasia hat auf einmal mitten im Spiel keine Lust mehr und setzt sich einfach auf die Bank am Rand der Sporthalle. „Man kann diesen Kindern nicht sagen, dass sie die eine oder andere Übung machen müssen. Wenn sie keinen Bock haben, dann bekommt man sie nicht dazu mitzumachen“, sagt Ketels. Aber auch das gehört zu den fest verabredeten Regeln: Wer keine Lust mehr hat, der muss auch nicht mitmachen oder darf auch eher nach Hause gehen. Viererkette, Taktik, Abwehr, Angriff – all das spielt hier keine Rolle.
Aber dem Trainer ist das egal. Hauptsache, Joshua, Mirco, Jonas, Efe Yusuf, Justus, Ivan, Maikel, Anastasia, Max und all die Physiotherapie und Arztbesuche zu überstehen. Für Sportangebote ist da erstens wenig Zeit und zweitens würden sie wahrscheinlich gar kein Angebot finden, an dem sie ohne Probleme teilnehmen könnten.“ Ketels hat die gesamte Organisation kurzerhand selbst in die Hand genommen. Den Rumelner TV zu überzeugen, die Mannschaft aufzunehmen, war dabei das kleinste Problem. „Der Vorsitzende Paolo Sabella war von der Idee sofort begeistert. Nur drei Tage nach dem ersten Kontakt hatten wir das Okay des Vereins“, erinnert sich der Trainer, der dem Club aus dem Duisburger Westen unendlich dankbar ist. Auch der Stadtsportbund stand in der Planungsphase jederzeit mit Rat und Tat zur Seite. Über gute Kontakte zur Kommunalpolitik war schnell auch eine Hallenzeit für den Samstag organisiert.
Seit 1. April wird in der Halle der Schule an der Ulmenstraße trainiert. An seiner Seite hat Stephan Ketels dabei nicht nur die Eltern der Kids, die während des Trainings immer vor Ort sein müssen. Auch sein ältester Sohn Simon ist als Co-Trainer mit dabei. Und die Kids lieben ihn. Da artet die „Mannschaftsbesprechung“ vor dem Abschlussspiel schon einmal zu einer Kletterpartie aus. Kletterbaum ist dabei nicht etwa eine Sprossenwand, sondern Co-Trainer Simon. Ebenfalls mit dabei sind Ketels Schwägerin Maraike Cvorak und sein Patenkind Tobias Sonnenwald. Weitere Helfer sind immer willkommen, denn wenn die Temperaturen es zulassen, verlegt das junge Team das Training auf einen der großen Außenplätze des Vereins oder auch mal auf den Sandplatz, um Strandfußball zu spielen. Für Maikel, Efe, ivan und Co. Das nächste große Abenteuer ihrer Fußballerkarriere. Als Freunde. Als Team. Als Rumelner TV.