Anders gesagt!
Künstler zieht es oft nach Berlin, Hamburg oder Köln. Warum hat es Sie nach Duisburg verschlagen?
In den anderen Städten gab es einfach zu viele Künstler. Ich habe lange in Bochum gelebt. Weil ich viel mit dem Zug unterwegs bin, wollte ich irgendwann noch etwas zentraler wohnen, aber im Ruhrgebiet bleiben. Und da man in den Medien oft Negatives über Duisburg hört, hab ich mir gedacht: „Warum eigentlich nicht nach Duisburg?“ Jetzt lebe ich hier schon fünf Jahre und ich find‘s immer noch großartig. An einige Sachen muss ich mich aber noch gewöhnen. Mein Nachbar hat mir zum Beispiel erklärt, dass man bei der Bäckerei nicht sagt „Ich hätte gerne drei Brötchen“, sondern „Ich krieg dann drei Brötchen“.
Wie haben Ihre Bekannten reagiert, als Sie von Ihren Umzugsplänen erzählt haben?
Erst dachten sie, ich mach Spaß, dann kam Schockstarre. Einige guckten dabei angeekelt, andere machten sich einfach nur Sorgen. Aber die meisten Freunde, die mich besucht haben, fanden Duisburg cool. Ob sie nach den positiven Eindrücken auch nach Duisburg ziehen würden, konnten sie mir aber nicht beantworten.
Welche Erinnerungen haben Sie an Ihren ersten Auftritt in Duisburg?
Das war hier im „Parkhaus“. Und es war mein zweiter Auftritt überhaupt. Da wohnte ich noch in Bochum und hab mich im Netz nach Auftrittsmöglichkeiten kaputt gegoogelt. Ich hab die „Funny Bones Show“ mit Benjamin Eisenberg und Ludger K. entdeckt. Das war eine sehr gelungene Mischung aus Comedy, Kabarett und Late Night Show. Und da durfte ich dann auftreten. Die Zuschauer waren super drauf. Es hat großen Spaß gemacht, obwohl ich auf der Bühne extrem aufgeregt und nervös war.
Was mögen Sie an der Duisburger Kulturlandschaft, und wo hat die Stadt noch Nachholbedarf?
Ich kenne natürlich noch längst nicht alles, aber ich finde Duisburg sehr facettenreich. Und was ich bisher gesehen habe, wirkt nicht künstlich entworfen, sondern von den Menschen geprägt.
Wir treffen uns hier im Jugendzentrum Parkhaus Meiderich. Was haben Jugendzentren dem jungen Abdelkarim bedeutet?
Jugendzentren fand ich immer super. Rumstehen am Billard-Tisch, Zuschauen beim Breakdance-Wettbewerb und die Bravo durchreichen. Und irgendwann gab es sogar die erste Party. Von 18 Uhr bis 0 Uhr. Die Party hieß „Dragon Night" und kam so gut an, dass es ein Jahr später eine weitere Party gab: „The Return of the Dragon“.
Was hat Duisburg, was Bielefeld nicht hat?
Große Städte in Reichweite. Als Duisburger ist man ratzfatz in Düsseldorf, Köln, Essen. In Bielefeld hat man den Teutoburger Wald und Verl.
Sie wurden mit Sicherheit schon mal in Duisburg auf der Straße als Prominenter erkannt und angesprochen. Welche Fragen oder Dialoge sind haften geblieben?
Da sind schon viele interessante Gespräche entstanden. Ein Mann hat mir mal gesagt: „Ach du Scheiße, du wohnst ja wirklich in Duisburg. Ich dachte, das sagst du nur auf der Bühne.“ Und eine Frau hat mir mal den Landschaftspark-Nord empfohlen. Das war ein super Tipp.
Und was sagen Ihnen Menschen in Duisburg auf der Straße, wenn sie Sie zwar aus irgendeinem Grund ansprechen, aber gar nicht wissen, dass Sie ein Prominenter sind?
Einmal den Ausweis bitte.
Sie gelten als großer Fußballfan. Gibt’s auch Sympathien für den MSV oder ist das Ihnen als Bielefelder verboten?
Natürlich. Da gibt’s ja auch viele Gemeinsamkeiten: Beide haben viel Blau und Weiß, beide sind in der 2. Liga, obwohl sie in die 1. Liga gehören und beide kämpfen gegen den Abstieg in die 3. Liga.
In Duisburg gibt’s viele Karnevalsumzüge und Prunksitzungen. Wie halten Sie es mit diesem Brauchtum?
Naja, wo soll ich da jetzt anfangen. In Köln sagt man „Alaaf“, in Düsseldorf „Helau“ und in Bielefeld sagt man „Was soll das?“. Wir Bielefelder wissen schon, dass es Karneval gibt, und wir versuchen auch, das alles zu begreifen, aber es klappt nicht. Als ich irgendwann dachte: „So, jetzt hab ich Karneval verstanden“, kam auf einmal einer an mit der Nubbelverbrennung. Da hab ich aufgegeben. Ich war aber schon auf einigen Prunksitzungen, und da waren viele schöne Beiträge dabei. Die Karnevalsumzüge find ich super, obwohl es da ab und an auch mal überambitionierte Erwachsene gibt, die für Süßigkeiten sogar kleine Kinder weggrätschen.
Was muss passieren, damit Sie sagen: Auf Duisburg habe ich keine Lust mehr?
So viel kann gar nicht passieren.
Abdel Karim wurde 1981 als Sohn marokkanischer Einwanderer in Bielefeld geboren. Nach dem Abitur studierte er zunächst Islamwissenschaften und Germanistik sowie im Anschluss Jura. Das Studium beendete er kurz vor dem Abschluss und ist seit 2010 hauptberuflich Comedian. Im gleichen Jahr gewann er das Jahresfinale beim „NDR Comedy Contest“. Weitere Auszeichnungen folgten wie der Bayerische Kabarettpreis und 2018 der Deutsche Fernsehpreis für seine Sendung zur Bundestagswahl. Abdelkarim ist Stammgast im TV, unter anderem bei der „heute-show“, „Die Anstalt“, „TV total“ und seiner eigenen Reihe „StandUpMigranten“. Nach seinem ersten Programm „Zwischen Ghetto und Germanen“ ist der Comedian seit 2017 mit „Staatsfreund Nr. 1“ unterwegs. Der Wahl-Duisburger hat 2019 auch einen Auftritt vor seiner Haustür. Am 11. Januar steht er ab 20 Uhr auf der Bühne der Rheinhausen-Halle. Mehr zu seinem Programm und seiner Tour gibt es unter: abdelkarim.tv