Bananen für eine bessere Welt
Thorsten Reno zückt sein Messer und schneidet eine der noch grünen Bananen an der Spitze entzwei. Mit geübtem Blick nimmt er die Frucht in Augenschein. Der 48-Jährige ist Bananenreifer bei der Firma BioTropic in Neumühl, die biologisch angebautes Obst und Gemüse aus der ganzen Welt importiert. Zu Thorsten Renos Job gehört es, die Bananen jeden Tag zu kontrollieren.
Der 48-Jährige begleitet die Frucht vom Anbau über den Transport bis zur Reifung in Duisburg und den späteren Verkauf an die Geschäfte. Er ist der Herr über alle Früchte, die in der Duisburger Bananenreiferei auf den Moment warten, an dem sie zum Essen geeignet sind. In acht Kammern lagern Bananen, vier weitere sind für Mangos reserviert. „Eigentlich ist das alles Statistik, was wir hier machen“, erklärt Thorsten Reno: „Wir sagen dem Computer, wann die Bananen fertig sein sollen, der Rest geht dann beinahe automatisch.“ Und „beinahe“ ist genau das richtige Wort. Denn das Prinzip der Reifung ist zwar recht einfach, aber auf Fehler muss der Mensch reagieren, damit die empfindliche Frucht keinen Schaden nimmt. Aber dazu später mehr.
„Das Schöne an meiner Arbeit ist, dass ich mit gutem Gewissen mit ehrlichen Produkten handle.“
Nicht weit entfernt von der Bananenreiferei ist das Büro von Sascha Suler. Als Betriebsleiter ist er zuständig für das operative Geschäft. Beim Blick aus seinem Fenster sieht er auf den großen Hof der Firma. Dort gibt es insgesamt 20 Rampen, an denen Fahrer täglich ihre schweren Lastwagen andocken. Geladen haben sie Obst aus der ganzen Welt. Das Wort „Bio“, sagt Sascha Suler, sei für ihn keine leere Worthülse: „Das Schöne an meiner Arbeit ist, dass ich mit gutem Gewissen mit ehrlichen Produkten handle.“, sagt er. Sascha Suler ist ein Mann der ersten Stunde bei BioTropic. Und von Anfang an ging es der Firma nicht nur darum, Geld zu verdienen – nein, die Arbeit sollte vor allem dazu beitragen, die Welt etwas besser und gerechter zu machen.
Vier befreundete Naturkost-Großhändler und ein Container
Gegründet wurde BioTropic im Jahr 1997 in Duisburg-Kaßlerfeld, später ging es dann nach Großenbaum und 2007 an den heutigen Standort an der Daimlerstraße. Alles begann mit einem Container voller Bio-Bananen, den vier befreundete Naturkost-Großhändler in Eigenregie aus der Karibik gemeinsam nach Deutschland verschifften. Auf dem Seeweg brachten sie die Bananen über die Niederlande ins Ruhrgebiet. Das kam gut an. Dazu stieg das Interesse der Verbraucher an Bio-Lebensmitteln. BioTropic wuchs.
Längst gibt es im Sortiment mehr als nur Bananen, von denen pro Jahr rund 500 Container in Duisburg ankommen. Es reicht inzwischen von „A“ bis „Z“ – von Avocados bis Zuckermais. Erhältlich sind die Produkte in Duisburg etwa in den „Pro Biomärkten“, die ebenfalls zum Unternehmen BioTropic gehören (am Stapeltor 6 und an der Mülheimer Straße 118).
Die Produkte stammen etwa aus Mexiko, Chile, Argentinien und Brasilien, aus Südafrika, Mali und Ägypten, aus der Türkei, Indien oder China. Eigene Niederlassungen hat die Firma in Frankreich, den Niederlanden, Italien, Spanien, Costa Rica und der Dominikanischen Republik. Weltweit sind etwa 80 Mitarbeiter im Einsatz. Insgesamt ist BioTropic heute europaweit eines der führenden Unternehmen bei Vermarktung und Import von Bio-Lebensmitteln.
Das Gros der Ware erreicht Europa über die Häfen in Rotterdam oder Antwerpen, von dort aus wird es palettenweise an die Kunden in ganz Europa geschickt. Bloß die Bananen kommen in jedem Fall nach Duisburg – schließlich gibt es nur dort eine Bananenreiferei. Und ebendort reifen die Früchte bei niedrigen Temperaturen zwischen 14 und 18 Grad. Dabei gilt: Je langsamer der Prozess abläuft, desto haltbarer sind die Bananen später. Meist dauert die Reifung zwischen vier und acht Tagen. Dass nicht alle Chargen gleich lange in der Reifekammer bleiben, liegt an der Nachfrage: Braucht ein Kunde schnell Ware, dann müssen die Bananen halt schneller reifen.
Auf die richtige Temperatur kommt es an
Letztendlich dreht sich hier alles um Temperatur, die mit Umluft reguliert wird. „Durch die kühle Luft, die durch die Bananenkartons gedrückt wird“, so Thorsten Reno, „regulieren wir, wie viel Grad es in der Kammer sind.“ Wird es zu kalt in der Kammer, ist das schlecht für die Bananen. Das ist auch der Grund, warum er Tag und Nacht erreichbar sein muss. Tritt ein Fehler auf, vibriert das Handy des Bananenreifers – auch in der Nacht. Dann setzt er sich in sein Auto und fährt 20 Kilometer zur Arbeit, um selbst nachzuschauen, was vorgefallen ist. Der Computer schaltet in einem solchen Fall die betroffene Kammer automatisch ab. Das Sicherheitssystem ist unter anderem nötig, weil es schließlich bei den Bananen auch um viel Geld geht. In einer Kammer können Früchte im Wert von 25.000 Euro lagern. Verderben die Früchte, würde das einen erheblichen Verlust bedeuten.
Daher sind schon ein gewisser Sinn für Details und ein gutes Auge gefragt, um die Qualität zu garantieren, die der deutsche Kunde von seinem Obst erwartet. Dazu gehört auch die Optik, für die die Weichen bereits auf den Plantagen in den Anbauländern gestellt werden.
Fairer Handel als Grundlage
Die meisten Bananen, die BioTropic importiert, stammen aus der Dominikanischen Republik. Dort hat das Unternehmen auch das Kleinbauern-Projekt „Milagros“ gegründet. Dazu haben sich einige Landwirte zusammengetan. Alle Bananen, die sie anbauen, kommen nach Duisburg. Die Abnahmegarantie bedeutet für die Bauern Sicherheit und ein regelmäßiges Einkommen – fairer Handel auf Augenhöhe, auch das gehört zur Unternehmensphilosophie. BioTropic bringt zudem sein Know-how mit ein. So werden die Menschen auf den Plantagen etwa im Bio-Anbau weitergebildet. Ein Agraringenieur kümmert sich um die Belange vor Ort und kontrolliert die Bauern regelmäßig. „Biologische Landwirtschaft kann nur gelingen, wenn man einen engen Austausch und einen guten Kontakt mit den Produzenten vor Ort pflegt“, erklärt Betriebschef Sascha Suler. Der Anbau ist die eine Sache, der Umgang mit den Bananen eine andere. Die Menschen in den Anbauländern sind beim Obst nicht so wählerisch wie deutsche Kunden. Kleine Macken oder Druckstellen stören sie nicht. „Das ist etwas, das wir den Menschen erstmal vermitteln müssen“, sagt Bananen- Experte Thorsten Reno. In den Packstationen der Plantagen waschen die Arbeiter die Bananen und verpacken sie anschließend in die Kisten für den Transport. Eine Vorauswahl findet bereits statt. Und auch, wenn das generell behutsam vonstattengeht, passieren auch hier Fehler – ebenso wie im Lager in Deutschland. Schäden an der Bananenschale kann Thorsten Reno aber erst feststellen, wenn die Früchte ihr sattes Grün verloren haben. Der Herr der Bananen entscheidet dann am Ende, welche Exemplare es tatsächlich in die Supermarktregale schaffen.