Wellenrausch und Gipfelglück
Es gibt Bergmenschen und es gibt Meermenschen. Die einen haben oft schon im Kinderwagen Höhenluft geschnuppert, die anderen als Babys Sand gegessen. Und dann gibt es da noch diejenigen, die sich Jahre später einfach nicht mehr entscheiden können, weil sie beides lieben gelernt haben – das Meer und die Berge. Die Fernsicht und die Tiefsicht. Die Leichtigkeit des Strands und die Freiheit, die nur ein Gipfel schenken kann. Und genau die sind auf Teneriffa richtig.
Das Wellenrauschen ist Wellness für die Ohren. Man kann es im Bett hören und am Frühstückstisch. Sogar unter der Dusche sieht man das Meer glitzern. Über dem Pool ragt dagegen der mächtige Pico del Teide auf. Jeden Tag sieht der höchste Berg Spaniens ein bisschen anders aus, je nachdem, ob leichte Wolkenschleier den Fels verdunkeln, ein blauer Himmel klare Konturen zeichnet oder die tiefstehende Sonne den Vulkankegel rötlich einfärbt. Das Atlantic Mirage Suites & Spa im Norden der Insel setzt perfekt in Szene, was die Natur zu bieten hat. Auf der Dachterrasse verschmelzen Himmel, Meer und Berge zu einem leuchtenden Aquarell. Unterhalb der Felsklippe, auf der das Hotel thront, liegt das einstige Fischerdorf Puerto de la Cruz, wo aus den Bars und Cafés der von Palmen gesäumten Fußgängerzone fröhliche Salsa-Musik tönt. Doch wer nur eine Viertelstunde ins Landesinnere fährt, glaubt sich in einer anderen Welt: Im grünen Orotava-Tal oder im Kiefernwald der Las Cañadas begegnen Wanderer oft stundenlang keiner Menschenseele.
Mehr Abwechslung im Norden
Während Teneriffas trockene Südhälfte vor allem Badetouristen an den Atlantik lockt, wollen die Gäste des Nordens mehr. Mehr Abwechslung, mehr Natur, mehr Kultur. Und das Atlantic Mirage liegt so ziemlich in der Mitte – von allem. Das fängt bei den Weinbergen an und hört beim Loro Parque, der nun schon zum zweiten Mal von den Nutzern des Internetportals TripAdvisor zum besten Zoo der Welt gekürt wurde, noch lange nicht auf. Einem allerdings kann niemand lange widerstehen: Der 3.700 Meter hohe Teide – übrigens Unesco-Weltnaturerbe – übt eine geradezu eine magische Anziehungskraft auf jeden aus, der die Insel betritt. Das riesige Trümmerfeld, das der letzte explosive Ausbruch vor rund 3.000 Jahren über die Landschaft verstreut hat, ist eine Machtdemonstration. Mal grau, senffarben oder rötlich-braun wie ein frisch gepflügter Acker schimmern Steine, Geröll und Lava in der Sonne. Haushohe Felsformationen, seltsam in sich verdreht, sind stumme Zeugen einer längst vergangenen Zeit.
Mit dem Mietwagen geht es weiter Richtung Westen. Das malerische Bergdorf Masca liegt mitten im Teno-Gebirge, doch eigentlich ist schon der Weg das Ziel. Palmen und Agaven wachsen hier, und ganz oben auf der Bergkuppe öffnet sich der Blick hinab in eine enge Schlucht, die spektakulär bis zum Meer abfällt. Die Straße windet sich in so engen Kurven an den Felsen entlang, dass die großen Reisebusse in jeder Biegung zurücksetzen müssen, um nicht anzuecken.
In Masca selbst, hingekleckst zwischen Kopfsteinpflastergassen, lässt sich die Aussicht dann ganz in Ruhe bei einer frischen Kaktusfeigenlimonade und einem Teller typisch kanarischer Garbanzas, eines würzig-pikanten Eintopfs aus Kichererbsen und kräftiger Chorizo, genießen.
Die Masca-Schlucht ist seit Anfang des Jahres leider für Wanderungen gesperrt, an Alternativen für jedes denkbare Fitnessniveau mangelt es aber nicht: Im Nordosten Teneriffas versteckt sich zum Beispiel das Dörfchen Afur im steilen Macizo de Anaga – unter Einheimischen noch ein echter Geheimtipp. Hoch oben in den Fels sind uralte Wohnhöhlen gemeißelt, unten im Ort gibt es eine winzige Kirche, lokalen Wein und einen Wanderweg, der als Verheißung beginnt. Aloe Vera und Kakteen krallen sich an den Wänden der Schlucht von El Tamadite fest, kleine Eidechsen verschwinden raschelnd im Unterholz. Noch ist das Meer nur ein Versprechen, eine salzige Brise in der Luft. Doch mit jedem Kilometer zwischen den schroffen Felsen (insgesamt sind es ca. 3,5 km) rückt die Brandung näher. Ein letzter Anstieg, ein letzter Vorsprung, dann dürfen die Füße im Wasser abkühlen.
Viele der kleinen, tiefschwarzen Vulkanstrände sind an der Nordküste nur zu Fuß zu erreichen. Sie bleiben wild und unberührt. Die Canarios nennen sie liebevoll „charcos“, Pfützen, was auf Spanisch freilich gleich viel netter klingt. Wer dagegen lieber in Kultur statt in Salzwasser badet, muss unbedingt der alten Inselhauptstadt La Laguna einen Besuch abstatten.
Das historische Zentrum ist voller Gassen, in denen man sich wunderbar verlieren kann – mit bunten Fassaden aus den verschiedensten Jahrhunderten, traditionell kanarischen Holzbalkons und stillen, grünen Innenhöfen. Und abends, wenn die altmodischen Straßenlaternen die Szenerie in ein warmes Licht tauchen, kann man sich in den lebhaften Cafés, Bars und Restaurants unter die Einheimischen mischen und anstoßen. Auf die Macizos und die Charcos, auf die Berge und das Meer.